Goethe Universität Frankfurt

 

Sozialpsychologie der BDSM-Sexualität

Sexualität ist eine Welt – SM, Bondage oder DS (=Domminance and Submission) sind – vielleicht aufregende – sexuelle Landschaften. Dieses Seminar will sich diesen sexuellen Landschaften mit Methoden der soziologischen Sozialpsychologie nähern. 
Dabei stellt sich zunächst das Problem, wie BDSM-Sexualität wissenschaftlich beschrieben werden kann und wie es von anderen Sexualitäten zu differenzieren ist. In meiner Studie „SM-Sexualität“ (2006) habe ich dazu den Vorschlag gemacht, BDSM-Sexualität als asynchrone Sexualität zu beschreiben.  Mit dem Heraustreten der Menschen aus dem Tierreich entwickeln sich die menschliche Sexualität zu einer
differenzierten Welt erotischer Möglichkeiten und Varianten, von denen BDSM eine ist. Für jede Person scheint die Herausbildung und Umsetzung einer ganz eigenen, individuellen, persönlichen Sexualität für die Entwicklung eines  authentischen Selbst ganz entscheidend zu sein. Sexualität kann ein pradigmatisches Beispiel dafür sein, zu werden, was man ist. Insbesondere die Beziehung zwischen sexuellen Empfindungen und sexuellen Themen und die Paardynamik des sadomasochistischen Paares soll
diskutiert werden. Dazu werden insbesondere sogenannte systemische Vorstellungen vorgeschlagen. Zur Frage der Entstehung von unterschiedlichen sexuellen Orientierungen im individuellen Lebensverlauf  hat der US-amerikanische Sexualwissenschaftler John Money eine „Muttersprachen“-Metapher für Sexualität entwickelt;  im Hinblic auf die möglichen biographischen Transformationen sexuellen Verhaltens des erwachsenen Menschen möchte ich eine Erweiterung zu einer
„Muttersprechen-Fremdsprachen“-Metapher vorschlagen. 

Polyamory

Dieses Seminar will Erkundigungen über diese (scheinbar) neue sexuelle
Erscheinungsform versuchen. Aus der Perspektive der Soziologie der Sexualität wird von besonderen Interesse sein, dass Polyamory mit der sozialen Organisation von Sexualität zu tun hat. Aus sozialpsychologischer Perspektive wird zu untersuchen sein, ob und wie die in polyamorösen Beziehungskonstruktionen involvierten Menschen diese Verhältnisse erleben, verkraften, ertragen, bewältigen und eventuell auch meistern. Aus sozialgeschichtlicher Perspektive wird sich die Frage stellen, ob es sich um
ein postmodernes Phänomen handelt. Es soll sich damit auseinandergesetzt
werden, wie sich polyamoröse Verhaltensweisen von anderen (älteren) Formen
promiskuitiver Sexualität unterscheiden. Es soll das Verhältnis von Polyamory
zur Polysexualität bestimmt  werden. Es sollen in diesem Zusammenhang auch sexualpädagogische und sexual- und paarberatende Konsequenzen diskutiert werden; es wird insbesondere diskutiert werden, ob polyamoröse Verhaltenswiesen ein sozusagen prognostisches Potential innewohnt, welches Konsequenzen für zukünftige Familienstrukturen oder für Strukturen der sozialen Organisation von  Sexualität
bekommen könnte.